Ausmisteritis

 Ausmisten, ordnen und gründlich reduzieren, liegen derzeit total im Trend. 

Das ist nicht nur der Jahreszeit und dem üblichen Frühjahrsputz geschuldet. 

Nein, dieser Hype hat mitunter mit einer Fernseh-Serie zu tun, in der professionelles Ausmisten am Programm steht. 

Dieses Thema, mit der einhergehenden Verwandlung in die wunderbare Welt der Ordnung und der Reduktion, ist deshalb momentan in aller Munde.

Ich finde das sehr gut, denn der herrschende Konsumwahn ist absurd.

Minimalismus – ja, bitte!

Kein zwanghaftes „muss ich haben“ und das saisonale an sich Raffen der neuesten Teile. 

Nein, Reduktion und Zurückhaltung hält nun Einzug in die Häuser.

Mein Minimalismus besteht eher darin sowieso weniger zu kaufen und diese Dinge dann ewig zu tragen oder zu benutzen. Meine Familie glaubt in manchen Fällen schon, das eine oder andere Teil sei ein erweiterter Körperteil von mir und quasi festgewachsen. Ich trenne mich also eher schwer von lieb gewonnen Dingen. 

Dadurch, dass ich aber weniger einkaufe ändert sich mein Kleiderschrank somit eher nur geringfügig. Damit brauche ich mich nun aber nicht rühmen, denn das liegt weniger an meiner Konsequenz des Aufräumens, sondern an der Tatsache, dass ich an einer „Shoppingallergie“ leide. 

Nähere ich mich Kaufhäusern, überkommen mich erschöpfungsartige Zustände. Sehr ausgeprägt passiert mir das in Einkaufszentren, oder sonstigen größeren Ansammlungen von Waren. 

Da droht ein körperlicher Totalzusammenbruch. Daher ist mein karger Kleidungsstil nicht unbedingt mit durchdachtem und schmerzhaftem Verzicht gleichzusetzen, sondern mit meinem körperlichen Einkaufsdefizit. 

Ich bin sozusagen bei neuen Kleidungsstücken reduziert und trenne mich schlecht von alten Teilen. Da würde ein großzügigeres Aussortieren der alten Vorräte eventuell Sinn machen. Allerdings könnte ich dann Gefahr laufen, wegen unterversorgtem Nachkauf bald ziemlich leicht bekleidet durch die Gegend zu latschen. 😉

Trotz der positiven Eigenschaften der Reduktion, hat für mich dieser vorherrschende Ausmist-Hype irgendwie einen komischen Beigeschmack.

Bei all diesen extremen, enthusiastischen Strömungen bekomme ich innerlich eine Sperre.  Diese Entwicklungen haben oft eine eigenartige Dynamik. Denn meist sind diese Taten eher einem Einfluss von außen geschuldet und kommen nicht aus tiefer Überzeugung. 

Schön, wenn man sich mal über das angehäufte Klumpert Gedanken macht, aber aus dem Ausmisten eine neue Religion zu kreieren, klingt relativ unfrei.

Ein aufgeräumtes Haus macht auch ein aufgeräumtes Herz – hört sich zwar gut an, doch ist dies für jedermann/frau gültig? 

Wahrscheinlich bis eine neue Welle diesen Höhenflug ablöst. 

Gefestigte Menschen, die mit sich selbst im Reinen sind, brauchen wahrscheinlich keine Vorlagen um sich selbst zu finden.  

Die innere Leere mit diesem oder jenem Trend aufzufüllen, wird nur kurzfristig Zufriedenheit bringen.

Clean oder Chaos – in welcher Umgebung fühle ich mich wohl? 

Es gibt viele kreative Köpfe die nur im Chaos funktionieren und andere die es gerne sehr minimalistisch und aufgeräumt haben – warum sollten sie sich verbiegen? 

Ausgeglichenheit liegt oft auch in der Mitte. 

Schwarz-weiß denken kann hingegen ziemlich verbissen machen.

Vielleicht sollten wir uns die Frage stellen, wie viel Raum und Zeit möchte ich grundsätzlich diesem Shopping-Thema widmen? 

Wenn man merkt, dass es Erfüllenderes als Konsumgüter gibt, erledigt sich das mit den Masseneinkäufen und dem folgenden Entrümpelungen meist von selbst…

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