Reisebericht Apulien – 4. Teil

Alberobello & Matera 

Alberobello

Was wäre Apulien ohne Trulli?

Ich schätze, jeder hat diese eigenwilligen, kegelförmigen Bauwerke schon in irgendeinem Reiseführer über Süditalien gesehen. 

Überall in Apulien sind diese Häuschen bei der Fahrt durch das Land zu entdecken. 

Die Hauptstadt der Trulli ist jedoch Alberobello. 

 

Hier gibt es die größte Ansammlung dieser Kegelbauten.

So in etwa sah ein „Zwergendorf“  in meiner kindlichen Phantasie vor vielen Jahren aus. 

Wenn diese weißen Häuser mit ihren Zipfelmützen zwischen Weingärten und Olivenbäumen hervortreten, hat dies etwas Märchenhaftes. 

Der Ort ist seit 1996 UNESCO Weltkulturerbe.

 

Laut Geschichte wurden im 17. Jahrhundert durch diese Bauweise Steuern gespart. 

Damals brauchten die Bewohner im Königreich Neapel eine Erlaubnis bei der Errichtung eines Hauses. Und so etwas kostete Geld. Um dieser Abgabe zu  entgehen wurden Trulli gebaut. Diese Behausungen wurden einfach und ohne Mörtel geschichtet. Deswegen waren sie schnell aufgebaut und drohte eine Kontrolle wieder ebenso schnell abgebaut. 

So wurde diese Bauform in der Region zur Tradition.

Heute können solche Trulli auch zum Übernachten gebucht werden.

Viele wurden aber zu kleinen Geschäften umfunktioniert in denen man apulische Spezialitäten, Souvenirs und sonstigen Krimskrams kaufen kann.

 

Einen Trullo haben wir von innen besichtigt – für ein Leben mit Familie ist dieses Bauwerk ziemlich eng… 

Es gibt auch einige gute Lokale in diesem Ort. 

Wir aßen mittags im Ristorante L’Aratro  und auch hier wurden wir nicht enttäuscht…

Matera

Matera war von unserem Standpunkt aus nicht unbedingt gleich um die Ecke, aber für uns trotzdem ein Pflichttermin. 

Diese Stadt liegt nicht mehr in der Region Apulien sondern in der Basilikata.

Matera ist Kulturhauptstadt 2019 und gehört schon seit 1983 zum UNESCO Weltkulturerbe.

 

Ich weiß nun gar nicht wo ich beginnen soll…

Mich hat diese Stadt zutiefst berührt mit ihrer Geschichte und ihrer Ausstrahlung. 

Der Grund sind die Höhlensiedlungen „Sassi di Matera“.

Diese natürlichen Höhlen im weichen Tuffstein, wurden schon vor der Jungsteinzeit bewohnt.

Bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts haben hier Menschen „gehaust“. 

Matera war die „Schande Italiens“. 

Familien wohnten und schliefen in einem einzigen Raum mit Schafen, Ziegen, Schweinen und Hunden. Armut und Krankheiten waren allgegenwärtig. 

1952 begann man mit der Aussiedelung der dort lebenden Bewohner. 

Seit 1967 wird die Altstadt nun renoviert. 

Der Gedanke, dass dies gerade mal vor etwas mehr als 50 Jahre geschah, erzeugt bei mir schon etwas Gänsehaut.

Die Faszination beim Anblick dieser Stadt kann man nicht beschreiben.

Wir fuhren vor unserem Besuch der Stadt auf einen gegenüberliegenden Hügel  – „Belvedere“, und bestaunten die Stadt erstmal von außen. 

Nach einem Wanderweg von circa 2 Kilometer gelangten wir zu einer Aussichtsplattform. 

Der Blick auf Matera war imposant. (siehe Titelbild)

Übrigens die Wanderung erinnerte mich landschaftlich an eine Tour vom Niederwechsel zum Hochwechsel – nur die herrschende Temperatur von 38 Grad passte nicht zu dieser Vorstellung. 😉

 

Danach fuhren wir in die Stadt.

Auch hier fehlen mir die Worte um dies zu beschreiben. 

Irgendwie hatte ich das Gefühl in einer Filmkulisse gelandet zu sein oder in einem biblischen Ort. 

Man kann verstehen, dass hier viele Filme gedreht wurden. Wie etwa das 1. Evangelium Matthäus von Pier Paolo Pasolini, das Remake von „Ben Hur“ mit Morgan Freeman oder „Die Passion Christi“ mit Mel Gibson.

 

 

Der Spaziergang durch die Stadt war ein wundervolles Erlebnis.

Sie wurde nun zu neuem Leben erweckt. Viele Höhlen wurden renoviert. 

Es gibt zahlreiche Bars, Restaurants, Geschäfte und Unterkünfte. 

Die Stadt besteht nicht nur aus „Sassi“. In ihr vereinen sich mehrere Epochen.

Matera ist durch die besondere Geschichte und der faszinierenden Ausstrahlung ein wirklich außergewöhnlicher Ort. 

Ich glaube als Kulturhauptstadt kann diese Stadt sehr viel erzählen. 

Denn soziale Ungerechtigkeit, wie sie hier erlebt wurde, ist auch im Jahr 2019 noch immer Teil unserer Welt. 

Rassismus, Flucht, Armut, sowie soziale Ungleichheiten sind leider nach wie vor anzutreffen. 

Ich habe sogar den Eindruck, dass unmenschliches Verhalten gerade heutzutage wieder salonfähig wird. 

Bewertungen, sowie die Schubladisierung nach Herkunft, Religion, sexueller Orientierung oder gar  finanzieller Mittel sind vorrangiger als das Wesen einzelner Menschen.

Oberflächliche Betrachtungsweisen ohne sich mit den Hintergründen zu beschäftigen ist modern.

Nicht zuletzt durch eine fragwürdige Politik, welche Angst schürt, Menschen aufhetzt und entzweit anstatt versucht die Welt zu einem friedlichen Ort mit sozialer Ausgeglichenheit zu erschaffen.

ENDE

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